Neuendorf
(Czarnowo) |
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Neuendorf hatte bei der letzten Volkszählung im Jahre 1939
785 Einwohner und gehörte zum Amtsbezirk Sorge.
Im Berghaus “Landbuch der Mark Brandenburg”
aus dem Jahr 1854 wird Neuendorf nicht erwähnt. Es gehörte nicht zu den Gutsdörfern!Westlich von Crossen liegt am südlichen Stromufer das Dorf Neuendorf, das zu den sogenannten Striemingdörfern gehört. Der vom Strieming entwässerte Teil der ehemaligen Kreise Crossen und Guben, südlich der Oder zwischen Bober- und Neißemündung gelegen, ist nach norddeutschem Sprachgebrauch eine Flußmarsch. Sie grenzt im Süden an eine "Geest", die, überwiegend von Kiefernwald bedeckt, langsam ansteigt und mit dem sagenumwobenen Kempfenberg einen markanten Punkt aufweist. Beim Abklingen der Eiszeit entstand in unserer Heimat das von Ost nach West verlaufende "Warschau-Berliner Urstromtal" an der mittleren Oder. Dabei wurde im weiten Tal zwischen den heutigen Mündungen von Bober und Neiße Sand abgelagert. So entstanden die Hügel, auf denen sich später die ersten Bewohner des Odertales niederließen. Neben den Dünen bildeten sich tote Flußarme, die dann völlig abgeschnitten wurden, versumpften und verlandeten. Das Ergebnis eines solchen Prozesses ist das große Wiesengebiet zwischen Münchsdorf im Osten und Niemaschkleba im Westen. Im Osten liegt die "Schacht", die bis auf Restparzellen ausgetorft wurde und ihren Namen vom Austorfen, d.h. Ausschachten erhalten hat. Westlich schließen sich die "Jorn" und die "Kaine" an, die zur Oberförsterei Braschen gehörten und nicht ausgetorft wurden. Die Strieming-Ortschaften Pfeifferhahn, Sorge, Münchsdorf, Neuendorf und Merzwiese sind umgeben von flachen Äckern sowie von Wiesen und Weiden, teilweise mit Bruchcharakter und alten Torfstichen. Gräben durchziehen Felder und Grünland. Sie sind Teil des Entwässerungssystems des Strieming, der von Osten nach Westen parallel zum Oderdamm fließt, und kurz vor der Neißemündung sein Wasser dem ostdeutschen Strom zuführt. Somit dürfte seit alten Zeiten das meiste von der "Geest" kommende Wasser durch "Kaltwasser-Mühlenteich", "Mittelteich" und "Neuendorfsches Seechen" (Fuchswinkelsee) geflossen sein. Auch dürften in diese Rinne Zuflüsse vom "Neuendorf'schen Teich" im Westen und vom "Pfeifferhahn`schen" Teich im Osten gemündet haben. Der Strieming, der früher mit vielen Windungen durch die Neuendorfer Feldmark floss, wurde von unseren Vorfahren durch den geradlinigen Hauptgraben ersetzt, der später wieder in den Urstrieming mündet.
Das Dorf Neuendorf dürfte wendischer Herkunft sein und hieß zur Wendenzeit Zarnow.Im Jahre 1223 versprach Herzog Heinrich I. (der Bärtige) von Schlesien, dem Dorf "Zarnov", das dem Nonnenkloster zu Trebnitz gegeben wurde, deutsches Recht zu verleihen; fort an hieß es Nonnendorf o.a Neuendorf. Im 17. Jahrhundert kam die Ortschaft, die nach Joachim Müller noch 1590 dem Komtur von Lagow, Abraham von Grünberg, zugestanden hatte, an das kurfürstliche Domänenamt Crossen. In der Klassifikation 1718/19 wird Neuendorf wie folgt erwähnt: Neuendorf gehörte als Bauerndorf zum Domänenamt Crossen. Im Ort gab es die 18 Bauern, dazu kamen die acht Gärtner und ein Büdner . Alle wurden namentlich aufgeführt (siehe nebenstehenden Auszug). Außerdem gab es noch die Amtsmühle und die Pfarre. Der Acker ist in 2 Felder geteilt; das eine liegt ganz niedrig, das andere ist mit Sand betrieben. Weide meist von Oder und Bober unter Wasser gesetzt, sonst gut; Viehzucht mittelmäßig. Fischerei für den Hausbedarf. Etwas Hopfenanbau. Verdienst mit Eisenstein. 3 haben Bienenstöcke. Allerdings wird dort bei der Betrachtung des Oderstroms unterhalb Crossens die Neuendorfer Fähre genannt. Im Bratring 1806 wird Neuendorf wie folgt erwähnt: Neuendorf war im Jahre 1806 ein Bauerndorf. Es hatte 1 Setzschulzen, 15 Bauern, 4 Halbbauern,8 Kossäten (Gärtner), 12 Büdner, 11 Einlieger und eine Schmiede und eine Wassermühle. Neuendorf hatte 1806: 43 Feuerstellen 287 Einwohner. Wie Bratring in seiner Beschreibung von 1806 feststellt, gab es damals in dem Amtsdorf einen Setzschulzen. Ein Setzschulze ist ein Bauer, der vom Amt mit dem Schulzenamt betraut wurde und jeder Zeit wieder abgesetzt werden konnte.
Er handelte nur im Auftrag (z.B. Steuern eintreiben) und hatte keinerlei richterlichen Befugnisse.
Außerdem gab es damals noch das Vorwerk des königlichen Amtes Crossen. Dieses Vorwerk bestand sicherlich noch bis zur Verwirklichung der Stein-Hardenbergschen Landreform und somit vermutlich bis zur Umsiedlung des Dorfes. Jedenfalls ist es 1806/09 noch nachweisbar. Es verwaltete aber nur 186 Morgen, und es lebten 5 Bewohner dort, stellte also mehr ein Sinnbild der Obrigkeit als einen Gutsbetrieb dar. In der “Topografischen Übersicht des Reg.Bez. Frankfurt/Oder” aus dem Jahre 1844 erscheint: ♦ Neuendorf war Dorf - zum Rentenamt Crossen gehörig. ♦ es hatte 55 Wohngebäude und 405 Einwohner. ♦ es hatte 1 Försterei und 1 Wassermühle. Für das Jahr 1852 werden genannt: Neuendorf hat 548 Einwohner = Dorf zum Rentenamt Crossen gehörig.
Wie so viele Oderdörfer, so hat auch Neuendorf, das in früherer Zeit ziemlich dicht an der Oder lag, vielfach unter
Überschwemmungen zu leiden gehabt, wie die hiesige, allerdings erst mit den Jahren 1665 beginnende
Pfarrchronik berichtet.
Diese Kirchenchronik, die der Pfarrer Kurt Julius Zschau für einen Artikel im "Crossener Kreiskalender 1916" auswertete, berichtete in vielen Jahren von Dammbrüchen, die zur Totalüberflutung des Dorfes führten. Besonders schlimm wütete das Hochwasser von 1665 und das von 1838. Pfarrer Zschau, der nur von 1910 bis 1916 in Neuendorf amtierte, gab in Auswertung der Kirchenchronik folgenden Bericht über den Ablauf der Überschwemmung vom 24. August 1665:
"In vier Stunden stand die ganze Feldmark drei Ellen hoch unter Wasser, welches auch die Gebäude durchflutete und in der Kirche
bis an den Altar stand. Da verdarb alle Frucht. Der Roggen in den Scheunen wuchs aus und ward stinkend. Die Äpfel fielen von
den Bäumen und wurden in Kähnen aufgelesen. Was sonst noch draußen war, Hafer, Gerste, Kraut, Hirse und Gartengewächse,
war nicht zu gebrauchen. Pferde und Vieh wurden auf den benachbarten Deich oder in andere Dörfer getrieben und dort mühselig
die nächsten Wochen unterhalten. Schweine ersoffen zum Teil, zum Teil wurden sie auf Kähnen fortgeführt. Die Gebäude wurden arg beschädigt."
Nach vier Tagen begann das Wasser zu fallen. Nach 14 Tagen schauten Äcker und Wiesen wieder hervor. Zwar wurden nun den Leuten, die ja alles an Lebensmitteln und Geld verloren, Geld und Korn vom kurfürstlichen Amte zu Brot und Saat vorgestreckt, auch ihnen ein halbes Jahr Freiheit von Diensten und Steuern gewährt, aber doch mußten sie noch manches Stück Vieh verstoßen, weil sie kein Futter hatten." In gleicher Weise ist das Dorf mit all seinen Liegenschaften in den Jahren 1670, 1674 und 1690 überflutet worden. Nach 1690, so berichtet der Chronist weiter, scheint ein neuer Damm erbaut worden zu sein. Der hielt aber auch nicht; denn aus den Jahren 1709, 1712, 1719 bis hin zum Jahre 1838 werden gleiche oder ähnliche Hochwasser gemeldet. In besonderem Maße schrecklich war der Durchbruch vom 13. März 1838. Das Wasser erreichte damals eine gewaltige Höhe. In der Pfarrwohnung stand es ziemlich 3 Fuß hoch, während es bei den niedrig gelegenen Wohnungen fast bis an die Dächer ging! Wohl waren keine Menschenleben zu beklagen, aber die Häuser wurden schrecklich mitgenommen und zerstört. Manche Orte werden mehr von Naturgewalten heimgesucht als andere. So ist es auch Neuendorf im Crossener Kreis ergangen. Das Dorf hatte besonders viel von den Überschwemmungen der Oder zu leiden, bis es nach dem großen Wasser von 1838 umgesiedelt wurde. Kaum hatte es 40 Jahre auf der neuen Stelle gestanden, so wurde es am 16. September 1878 von einer ungeheuren Feuersbrunst fast wieder zerstört. In kurzer Zeit stand fast die Hälfte des Dorfes in Flammen. Nach großer Anstrengung gelang es endlich am Türk'schen Gasthof, das Feuer aufzuhalten. Dadurch wurde das Ostende des Dorfes gerettet. Ein Glück war es, dass das meiste Rindvieh auf der Weide war. Darum blieb es verschont. Es waren sogar 3 massive Wohngebäude infolge der großen Hitze vom Feuer zerstört worden. Getroffen hat es besonders viele Gehöfte der kleinen Besitzer, 19 an der Zahl sind abgebrannt, weil sie enger aneinander gebaut waren. Sie hatten die Wohnhäuser, Ställe und Scheunen verloren. Von den Bauerngehöften waren 3 vollständig eingeäschert, von 9 anderen waren die Ställe und Scheunen und ebenso von 8 kleinen Besitzern wurden auch die Ställe und Scheunen zerstört. Zusammen waren es 22 Wohnhäuser, 39 Ställe und 39 Scheunen. Versichert waren die Abgebrannten nur niedrig mit den Gebäuden - Mobiliar und Ernte waren gar nicht versichert. Große Schwierigkeit machte nun die Anschaffung des vielem Materials zum Wiederaufbau der Gehöfte. Die Ställe für das Vieh wurden noch im Herbst hergerichtet. Die Wohnhäuser und Scheunen konnten erst im Jahre 1879 aufgebaut werden. Durch den Bau waren aber die Besitzer in Schulden geraten, an denen sogar die Nachfolger noch lange zu tragen hatten.
Für die Dörfer im Odertal galt das alte, aus Not und Leid geprägte Sprichwort, Daheim im Odertal galt das alte, aus Not und
Leid geprägte Sprichwort,daß man sich vor Feuer wohl schützen könne, nicht aber vor Wassersnot.
Das "alte" Neuendorf lag bis 1838/39 etwa 2 km nördlich der jetzigen Dorfstelle unmittelbar an der Oder, ungefähr 11 km abwärts der Crossener Oderbrücke.
Das oftmalige Hochwasserleid Neuendorf's seit mehreren Generationen mußte vermindert werden. Das war bitter nötig.
Die Verlegung des Dorfes an eine andere höhere Stelle wurde erforderlich.Es war vor allem der tatkräftige Landrat Gotthilf Leberecht Kreuzwendedich Freiherr von Rheinbaben (Fritschendorf), der den Neuendorfern riet, bei der preußischen Regierung die Verlegung des Dorfes zu beantragen. Das nebenstehende Bild zeigt den Landrat, der sich um die Milderung der Hochwassernöte der Einwohner des Kreises Crossen verdient machte. 1838 hat ihm sicherlich nicht nur die Fast-Vernichtung Neuendorfs, sondern auch die Zerstörung der Crossener Elisenbrücke und die arge Beschädigung der Oderbrücke Arbeit gemacht. Als 1854 ein weiteres starkes Hochwasser die Verlegung von Münchsdorf notwendig machte, gelang es ihm, König Friedrich Wilhelm IV. zu Ortsbesichtigungen und zu einem Ritt durch die Fluren westlich der Bobermündung heranzuholen. Die preußische Regierung zeigte sich entgegenkommend: • Sie schenkte den Neuendorfern die Bauplätze und das Bauholz. • Sie gewährte für fünf Jahre zinslose Darlehen für die Neubauten. • Sie stellte gegen geringe Pacht Flächen für neue Gärten zur Verfügung. • Sie übernahm die Kosten für Abbruch und Neubau von Kirche, Pfarrhaus und Schule. Im März 1839 konnte bereits der Lehrer Pfund im neuen Schulhaus mit dem Unterricht beginnen und seine Dienstwohnung beziehen. Bis zum Winter 1839/40 waren alle Höfe und Gebäude neu erbaut.
Die Kirche in Neuendorf ist eines der jüngeren Gotteshäuser des Kreises Crossen. Sie wurde nach der Umsiedlung des Dorfes
erst 1897 fertig gestellt. Sie ist ein repräsentative Wirkung abgestellter Backsteinbau im Rundbogenstil mit vorgelegtem Westturm.
Vorher fand der Gottesdienst in der Schule statt.Sie hatte auch drei Glocken. Die kleine bekam sie gleich, die beiden anderen etwas später. Diese Glocken waren die Begleiter jedes Bürgers in der Gemeinde, und zu jedem festlichen Anlaß erklang Glockengeläut: zur Taufe, zur Konfirmation, zur Hochzeit und zur Beerdigung. Wenn jemand in der Gemeinde gestorben war, läuteten die Glocken, um den Menschen mitzuteilen, es fehlt einer. Im Dorf kannte jeder jeden. Wenn der Sarg auf den Friedhof getragen wurde, auch dann begleitete der Glockenklang zum letzten Mal den Verstorbenen. Das war ein alter Brauch in der Gemeinde und es war jedem Bürger vertraut. Im I. Weltkrieg wurden die zwei großen Glocken der Kirche entnommen und eingeschmolzen. Nur die kleine verblieb im Turm. In den 1920er Jahren wurden zwei neue Glocken gegossen und in den Kirchturm eingehängt. Sie trugen folgende Inschrift: Große Glocke: Wir nahmen zwei Glocken herab vom Turm, sie wurden zerschlagen im Kriegessturm. mittlere Glocke: nun steigen zwei neue zum hehren Ort kleine Glocke: und laden herzinnig zum göttlichen Wort. Und auf dreien verteilt: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen! Im September 1939 brach die deutsche Armee in Polen ein und der II. Weltkrieg war entfacht. Eines Tages hieß es wieder: Unsere Glocken holen sie uns weg. Die Munition war knapp. Doch unsere beiden Glocken konnten auch nichts mehr retten. 1945 war der Krieg bedingungslos verloren für Deutschland. Alle Dorfbewohner wurden gegen Ende des Krieges aus der Heimat vertrieben. Von da an haben sie die Glocken nicht mehr gehört.
Laut "Einwohnerbuch des Kreises Crossen/Oder - Ausgabe 1926" war in Neuendorf 102 die höchste Hausnummer. d.h. es existierten in
deutscher Zeit mindestens 102 Häuser.Die darin enthaltenen Angaben werden im folgenden nur kurzgefaßt wiedergegeben. Es war ein großes “ Schifferdorf ”. Das Einwohnerbuch liefert: • 116 Einträge als Schiffer, • 1 Eintrag als Schiffseigner, Außerdem: • 20 Einträge als Bauern, Neuendorf hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrh. eine gute Infrastruktur. Die Hauptberufe der Bewohner waren neben der Schiffahrt und der Landwirtschaft die Handwerker. Laut Einwohnerbuch von 1926 gab es:
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Änd 19.04.2020
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