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Pommerzig liegt 28 km östlich von Crossen.
Von Crossen fährt man zuerst auf der Chaussee in Richtung Schwiebus.
Nach etwa 12 km (bei Rädnitz Glashütte) biegt man rechts ab auf die Chaussee nach Züllichau.
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Nach weiteren 16 km - es wurden die einstigen Schifferdörfer: Bindow, Deutsch-Nettkow,
Klein- und Groß Blumberg durchquert - wird Pommerzig erreicht.
Pommerzig hatte bei der letzten Volkszählung im Jahre 1939
1256 Einwohner und gehörte zum Amtsbezirk Pommerzig.
Es war das viertgrößte Dorf im Kreis Crossen/Oder.
Läuft man in Pommerzig die Dorfstraße in Richtung Fähre, so wird eine kleine Brücke überquert. Darunter fließt die
Duhne
- ein kleines Flüßchen.
Ostwärts von Pommerzig kommen aus den etwas höher liegenden Feldern an der Züllichauer Chaussee einige kleine Gräben, deren
Wasser schließlich vereint am Pommerziger Schloß vorbei in die Niederungen an der Oder fließt. Dort sammelt es sich, bildet Tümpel und Teiche
und versumpft das ganze Gelände vor dem Oderdeich.
Wasserbauer früherer Zeiten oder verantwortungsbewußte Gemeindeväter dürften schon damals erkannt haben,
daß die einzige Abzugsmöglichkeit am Südrand von Groß-Blumberg entlang nach Westen bestand. Sicherlich hat deshalb mancher Spatenstich
dem Verlauf des Gewässers, das beiderseits der zur Fähre führenden Pommerziger Straße "Duhne" genannt wurde und danach einfach
Hofe- oder Bergwiesengraben hieß, nachgeholfen.
Leider ist die Vergangenheit von Pommerzig geschichtslos, d.h. über den Ursprung des Dorfes Pommerzig liegen keinerlei
schriftliche Quellen vor.
Einem Verzeichnis der Roßdienste von 1565 zufolge saßen die Leßlaws zu Pommerzig und hatten ihrem Lehnherren, dem Kurfürsten
von Brandenburg, mit 2 Lehnspferden zu dienen.
Im
Berghaus “Landbuch der Mark Brandenburg”
aus dem Jahr 1854 wird genannt:
Kurz danach werden die
v. Kalckreuth als begütert aufgeführt,
und 1644 wurden neue Glieder der Kalkreuthschen Familie mit Pommerzig belehnt.
Das Gut blieb bei den Kalkreuthern bis etwa 1720.
In der
Klassifikation 1718/19 wird Pommerzig wie folgt erwähnt (siehe ----> ):
Besitzer vom Pommerzig waren Gen. Major von Damnitz und der Landrat von Rothenburg.
Es gab im Dorfe:
• 20 Bauern mit je einer ½ Hufe.
• 27 Gärtner.
• 18 Büdner.
• 1 Mühle mit einer Hufe.
• 5 Freileute mit eigenen Häusern.
Der in zwei Felder eingeteilte Acker ist teils sandig, teils niedrig gelegen, der Überschwemmung durch die Oder ausgesetzt und naß.
Weide wurde für 80 Taler von Schlesien gemietet, die eigene fällt bei großem Wasser aus.
Viehzucht ist gut.
Fischerei war früher mit dem Netz erlaubt, jetzt nur noch mit dem Hamen.
Der Dorfkrüger hat seit 3 Jahren kein Bier verschänkt, da kein Krug gebaut worden ist.
Der herrschaftliche Krüger verschänkt 100 Tonnen.
Im
Bratring 1806 wird Pommerzig wie folgt erwähnt:
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Pommerzig war im Jahre 1806 ein Gutsdorf. Es hatte 1806:
• 159 Feuerstellen und 920 Einwohner
• 22 Halbbauern.
• 27 Ganzkossäten und 27 Halbkossäten
• 58 Büdner und 19 Einlieger
• 3 Schmieden und 2 Wasermühlen.
• 1 Ziegelei
Als Besitzer wird der Reichsgraf von Schmettau genannt.
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Etwa 1726 kaufte Gottfried Wilhelm,
Freiherr von Schmettau ( † 1728), das Gut in Pommerzig für 60000 Taler.
Er war bereits Besitzer von Blumberg, Kunersdorf und Sorge. Auch stiftete er das Majorat Pommerzig.
Die
Stiftung eines Majorats sollte die Zersplitterung insbesondere von Landbesitz verhindern. Es durfte aber nur eingerichtet werden,
wenn der Besitzer im vollen Umfang über seine Güter verfügen konnte, nicht jedoch, wenn es sich um ein Lehen handelte,
dessen Weitergabe an das Lehnsrecht gebunden war.
Folgende Bestimmungen wurden darin durch den Stifter des Majorats getroffen:
♦ die Weitervererbung erfolgt durch die Erstgeburt männlichen Geschlechts. Falls Nein, dann treten die
Töchter unter gleichen Bedingungen in den Besitz.
♦ Der Besitzer des Majorats muß immer vom evangelischen Bekenntnis sein.
♦ alle Jahre muß eine gewisse Summe zu Verschönerung des Schlosses verwendet werden.
♦ Der Stifter des Majorats erbaute die Kirche zu Pommerzig (1806 war sie sehr baufällig, daß sie binnen Kurzem neu gebaut werden soll).
In der “Topografischen Übersicht des Reg.Bez. Frankfurt/Oder” aus dem Jahre
1844 erscheint:
♦ Pommerzig: ein Dorf mit einem Vorwerk
♦ Im Jahre 1840 hatte Pommerzig 152 Wohngebäude und 1032 Einwohner.
♦ Pommerzig hatte ein Jägerhaus und 2 Windmühlen.
♦ das Vorwerk Valeskahof hatte 1 Wohngebäude und 21 Einwohner.
♦ das Mittelvorwerk hatte 2 Wohngebäude und 47 Einwohner.
♦ die Krebsmühle hatte 1 Wohngebäude und 8 Einwohner.
Für das Jahr
1852 werden genannt: Pommerzig = Dorf mit Rittergut mit folgenden Einwohnern:
Name | Einwohner |
Pommerzig | 1184 |
Krebsmühle | 6 |
Mittelvorwerk | 46 |
Valeskahof | 24 |
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Das Vorwerk Valeskahof ist erst im Jahre 1835 erbaut und wurde
nach der Frau des damaligen Gutsbesitzer von Schlettau benannt. Es liegt aber auf dem linken Ufer der Oder. Da aber die
Grundstücke der Gutsherrschaft auf beiden Seiten der Oder liegen, so hatten sie bedeutende Dammstrecken allein zu unterhalten.
Hochwasser der Oder führen oft zu Dammbrüchen - in solchen Fällen geht das Wintergetreide verloren und die Sommerung wird unsicher.
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Die Kirche ist ein 1858 errichteter Backsteinbau mit Westturm und apsisartigem Ostausbau.
Das I n n e r e hat auf drei Seiten Empore.
Die K a n z e l ist über den Altar angeordnet.
Kirche in Pommerzig
Grabplatte vom Reichsgrafen
Zwei Glocken, 88 cm und 72 cm Durchmesser wurden 1868 aus Bochumer Gußstahl gefertigt.
Die Kirche stand unter dem Schmettowschen Patronat. Eine Marmorgrabplatte auf der Ostseite dient zum Andenken des Reichsgrafen
Bernhard von Schmettow, geb.10. Jan. 1818, gest. 11. März 1889.
Nach 1945 ist die Kirche durch die neu angesiedelten Polen katholisch geworden. Die Emporen rechts und links über dem Gestühl
verschwanden. Den Kanzelaltar kann man, soweit überhaupt noch vorhanden, nicht mehr wiedererkennen.
Die in unseren Kirchen doch recht schlicht und nüchtern gehaltenen großen Wandflächen hat man in Pommerzig überwiegend mit
religiösen Motiven, mit Engeln und Heiligenfiguren, bunt bemalt. Ganz wurde aber hier nicht auf den Hinweis,
daß das Land an der Oder schon über 1000 Jahre polnisch sei, verzichtet. Die Jahreszahlen 966 und 1966 mit einem Hinweis auf
Boleslaw I. sind stark betont und in großer Schrift über dem Rundbogen des Altarraumes angebracht.
Die Orgel ist zwar noch vorhanden, aber leider demoliert und kann seit Jahren nicht mehr gespielt werden.
An der Turmuhr findet man ein Schild mit dem Namen der Herstellerfirma: J. F. Weule, Turmuhrenfabrik, Bockenem/ Harz.
Das Jahr des Einbaus ist nicht vermerkt.
- Das Pommerziger Schloß und die Landjahrjugend
Schloß in Pommerzig
Das Pommerziger Schloß gehörte ca. 200 Jahre den Grafen von Schmettau. Nach dem 1. Weltkrieg - in den frühen 1920er Jahren -
kam leider dieser schöne Besitz unter dem Hammer. Der Konkurs wurde durch die Inflation, Wirtschaftskrise und ohne Zweifel
auch Mißwirtschaft der Eigentümer verursacht.
Nach der Versteigerung des Schlosses in den 1920er Jahren war das Schloß mit dem umliegenden Grund und Boden gemäß einem Bericht
im Crossener Kreiskalender von 1938 im Besitz der GuVAG (Grundstücks- und Vermögensverwaltung AG) in Berlin. Da das schöne
Gebäude eine Zeitlang leergestanden hat und unbewohnt war, verkam es zusehends.
Im
Gesetz über das Landjahr vom 29. März 1934 wurden Jugendliche, die das 8. Schuljahr
beendet hatten, zu einem "Landjahr" verpflichtet. Es wurden männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 15 Jahren, die fast
ausschließlich aus größeren Städten und Industriebezirken stammen und dort ihre Kindheit verlebt haben, nach beendeter Schulzeit
zusammengezogen, um für die Dauer von neun Monaten unter die Gesetze des NS-Gemeinschaftslebens zu treten.
Zugleich sollten sie durch praktischen Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft behilflich sein
Die Unterkunft erfolgte überwiegend in Barackenlagern.
Eingang zum Schloß
Im Herbst 1936 entschloß sich der damalige Landrat für den Kreis Crossen, Krüger, das unbewohnte
Pommerziger Schloß als Unterkunft für ein Landjahrlager zu erwerben. Für ganze 10.000,- RM gingen ca. 7 ha Garten und
sonstiges Gelände samt der darauf stehenden Gebäude auf den Kreis Crossen/Oder über. Nach eilig voran getriebenen Um- und Ausbauten
kamen noch während der Bauarbeiten am 9. April des Jahres 1937 100 Jungen aus Oberschlesien und Westfalen,
davon 65 aus Ratibor und 35 aus Herne, alle gerade schulentlassen, und erfüllten das Schloß mit neuem Leben.
Am 20.4.1937 war dann die offizielle Inbetriebnahme des Landjahrlagers.
In dem zugrunde liegenden Bericht im Kreiskalender 1938 über die Ereignisse damals folgt nun eine detaillierte Darstellung
über das Tun und Treiben der 100 Jungen - es war ein eindeutig vormilitärischer Betrieb. Der vordergründige Zweck, nämlich
die Hilfe bei der Arbeit auf den Feldern und Höfen unserer damals ganz gewiß hart arbeitenden Bauern, verlor durch den strammen
Dienst in HJ-Uniform völlig an Bedeutung. Eine Entlohnung war nicht vorgesehen; die Landjahrpflichtigen erhielten lediglich
ein geringes Taschengeld von 0,05 RM täglich.
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Maiden üben mit dem Spaten |
Jeden Morgen: Appell |
Maiden zeigen ihre Stiefel |
Nach Ausbruch des 2. Weltkrieges im Jahre 1939 wurde das Pommerziger Landjahrlager für männliche Jugendliche aufgelöst.
Das Schloß, die Einrichtung und auch fast den Dienstplan der Landjahrjungen übernahm später der
weibliche Arbeitsdienst,
der bereits im November 1940 seine Arbeit aufnahm.
Durch die Maiden dieses Lagers hatten die Bäuerinnen, vor allem jene, deren Männer Kriegsdienst leisten mußten, manche Hilfe.
Offenbar waren die Arbeitsmaiden bis zum Ende des Krieges dort, konnten aber noch rechtzeitig vor dem Russeneinmarsch evakuiert werden.
- Die Gurken aus Pommerzig waren weit bekannt
Das große Schiffer- und Bauerndorf Pommerzig an der Ostgrenze des Kreises Crossen war durch den Salatgurkenanbau weit bekannt.
Ein Durchschnittsbauer hatte dort 30 bis 40 Morgen unter dem P?ug. Auf einem Fünftel bis zu einem Viertel dieser Fläche baute er in der Regel Gurken an.
Vermutlich haben die Pommerziger Bauersfrauen schon in verflossenen Jahrhunderten Gemüse auf den Märkten in Grünberg, Züllichau
und Schwiebus verkauft. Wesentlich vergrößert worden sind die Gurkenanbauflächen jedoch sicherlich erst nach 1870, als der
vollzogene Bahnbau den raschen Transport der Früchte nach Berlin ermöglichte sowie die Bevölkerungsvermehrung und die Industrialisierung
(diese auch in Grünberg)für Bedarf sorgten.
Die Grundlage der Gurkenzucht bildete der schwarze Moorboden mit hohem Grundwasserstand
in der Oderniederung. Diese ideale Voraussetzung für das Gedeihen der viel Feuchtigkeit brauchenden Gurkenpflanzen wies etwa
die Hälfte der Ackerflächen des Gemarkungsteils nördlich der Oder auf. Hier bauten die Landwirte im Wechsel auch Kartoffeln an,
erzielten aber wegen der großen Bodenfeuchtigkeit mit dieser Feldfrucht nur in trockenen Jahren Rekordernten. Die Nutzflächen
südlich der Oder hatten dagegen Lehmboden. Sie waren deshalb für den Getreideanbau gut geeignet.
Pommerzig - Dorfstraße
Bei guten Witterungsbedingungen konnten bereits vier Wochen nach dem Auspflanzen die ersten Gurken geerntet werden. Diese setzten
die Bauern meist selbst auf dem Markt in Grünberg ab. In der Hauptsaison kam sogar ein Aufkäufer nach Pommerzig und blieb wochenlang
dort. Zeitlich lief die Ernte nach seinen Angaben ab, denn die Gurken sollten ja so frisch wie möglich in Berlin in die Hände
der Verbraucher kommen. Meist wurde zweimal wöchentlich verladen.
Die
Gurkenernte stellte hohe Arbeitsansprüche an die Bauernfamilien und ihre Hilfskräfte. Sie fiel ja noch mit der Heuernte
zusammen, mußte gewissermaßen nebenbei erledigt werden. Die Frauen nahmen die Gurken von den Beeten ab und steckten sie in ein
umgebundenes Tuch. Da nur die großen Salatgurken geerntet wurden, waren diese Tücher schnell voll.
Wir Schuljungen hatten die Aufgabe, sie zu leeren und die Gurken in Säcken ans Ende des Feldes zu tragen. Dort schütteten wir sie
ins Gras auf einen Haufen. Am Ende des Erntetages wurden die Gurken gewaschen - Wasser dafür gab es überall reichlich - und zu
jeweils einem Zentner in Säcke eingewogen. So kamen ganze Wagenladungen zusammen, die die Männer zum Bahnhof und an die bereitgestellten
Waggons fuhren. Der Bahnhof lag zwischen der Fähre und dem südlichen Dorfeingang. Die Straße dorthin war nicht gerade belebt.
In der Gurkenzeit standen jedoch die Pferdewagen der Bauern an der Rampe zur Bahn Schlange, um die Früchte ihrer Felder in das
200 km entfernte Berlin zu schicken. Dort sind dann aus den Nettkower, Blumberger und Pommerziger Gurken plötzlich »Spreewälder« geworden.
Samstags zahlte der Berliner Händler im Gasthof das Geld aus. Diese Zahltage belebten die Ausgabefreudigkeit und damit das
Wirtschaftsleben im Dorf. Das spürten die Geschäftsleute jeweils deutlich. Kleinere Mengen brachten die Pommerziger weiterhin
auf die Märkte in Grünberg, Züllichau und Schwiebus.
Auch zeitgleich mit der Getreidemahd, die Ende Juli begann, ernteten sie noch Gurken. Ende August und im September gaben die Beete
dann zwar weniger her, aber auch die kleinen Pfeffergurken und die großen Samen- bzw. Senfgurken wollten abgenommen sein.
Diese Sorten zum Einlegen gingen jedoch nicht mehr nach Berlin. Sie fanden lediglich in den Haushalten am Ort Verwendung oder
wurden auf den Wochenmärkten in den nahen Städten an die Kundschaft gebracht.
In Groß-Blumberg und Pommerzig gibt es noch immer Wagenfähren zur Oderüberquerung in Richtung Rothenburg und Grünberg.
Dieser Oderübergang hat andererseits auch für die lokale Landwirtschaft eine große Bedeutung, denn die Pommerziger Bauern hatten
einen großen Teil ihrer Felder jenseits des Stromes. Sie stellten sich dort auch Scheunen hin, in denen sie die Ernte zunächst
bergen, um sie später über die Oder ins Dorf zu holen, wenn sie z.B. gerade Zeit zum Dreschen haben.
Neue Schilder weisen im Ort den Weg zu den Anlegestellen. Dem polnischen Personal stehen heute jedoch lediglich Prähme für den
Fährbetrieb zur Verfügung. Die alten Hochseilfähren, wie die deutsche Bevölkerung sie kannte, wurden weggebracht und verschrottet.
Die
Hochseilfähren waren zweischiffige Wasserfahrzeuge mit verhältnismäßig großer Ladefläche.
Bei einem solchen Verkehrsmittel hingen die beiden Schiffskörper mit einem Seil an einem Anker, der etwa 150 m stromaufwärts
neben dem Fahrwasser im Grund lag. Das Seil konnte mit einer Winde (meist auf der Kajütendecke) losgelassen oder auch angedreht werden.
Auf diese Weise überquerte die in der Strömung etwas schräggelegte Fähre den Fluß von einem Buhnenkopf zum gegenüberliegenden
verhältnismäßig schnell. Das Prinzip hatte den Nachteil, daß die Schiffahrt die Fährstelle nur passieren konnten. wenn sich die
Fähre an der Ankerseite befand, also kein Seil im Fahrwasser lag. Die zu Tal fahrenden Schiffer signalisierten deshalb dem
Fährmann ihr Kommen. Zu Berg fahrende Schiffe mußten gegebenenfalls anhalten, bis das Fahrwasser frei war. Außerdem konnte diese
Technik nur angewandt werden, wenn die Fährbuhnenköpfe nicht überschwemmt waren.
Bei Hochwasser nutzte man deshalb schon immer
Prahmfähren. Ein solcher Prahm
hängt an einem langen Seil (manchmal auch an einer Kette), das an beiden Ufern landeinwärts festgemacht ist und lose auf dem
Grund des Flusses liegt. Der Prahm hat an der Bergseite mehrere Stahlrollen, über die das Seil bzw. die Kette läuft.
Durch Verlegen der Anbindung zwischen den Rollen kommt der Prahm in Schräglage zur Strömung und wird von dieser von einem Ufer
zum anderen getrieben. Die Anlegestelle ist stets im stillen Wasser, also im Buhnenfeld. Deshalb muß der Fährmann den Prahm
jeweils aus dem Buhnenfeld heraus- und am anderen Ufer ans Land heranziehen. Um Verletzungen zu vermeiden, arbeitet er mit
Lederhandschuhen oder mit Spezialgerät.
Eine solche Stromüberquerung dauert verhältnismäßig lange. Meist ist die Ladefläche geringer als bei Hochseilfähren. Für die
Schiffahrt ist Ankern im Fährbereich natürlich verboten, ansonsten behindert sie aber diese Technik nicht.
Bei Hochwasser
Die Crossener Chronik berichtet von besonders starken Hochwassern in den Jahren l862, 1876 und 1883.
1862 herrschte durch zwei Dammbrüche und Eisversetzung große Wassernot in Pommerzig
und Groß-Blumberg. Das Wasser stand teilweise bis an die Dächer, so daß die bedrängten Einwohner ihre Häuser räumen mußten.
In Pommerzig fanden sie vorübergehend im Schloß des Grafen von Schmettau Unterkunft. Die Crossener sammelten Geld, Lebensmittel
und Viehfutter für die Geschädigten, u. a. kamen dabei über 237 Taler an Bargeld zusammen.
Ein weiteres großes Hochwasser suchte Pommerzig
im Herbst 1930 heim. Damals befürchtetendie Einwohner einen Dammbruch.
Die gefährdetste Stelle war die Ecke auf der Bloine. Dort übte das Wasser ungeheuren Druck auf den Damm aus und sickerte durch.
Der Fuß des Dammes, wo es bedrohlich "schwappte", mußte mit vielen Sandsäcken verstärkt werden.
Tag und Nacht wurde Sand angefahren,
damit die Säcke gefüllt werden konnten und damit sie an die gefährdeten Stellen gepackt werden konnten. Gewissermaßen in letzter
Minute vor dem Bersten des Dammes begann dann das Wasser, verhältnismäßig rasch zu fallen. Dadurch blieb Pommerzig von einer
Katastrophe verschont.
- Brände tobten 1895 und 1916 in Pommerzig
In früheren Jahren waren die Bauten stark feuergefährdet, so daß ziemlich oft ein Großfeuer ausbrach. In Pommerzig wurde der Brand
im Jahr 1895 schriftlich festgehalten. In Dr.Carl von Obstfelders Chronik der Oderstadt heißt es darüber: "
Am 2. Mai l895 suchte eine verheerende Feuersbrunst Pommerzig heim.
Fast die Hälfte des Ortes wurde vernichtet. Das Feuer brach gegen 4 Uhr nachmittags in dem Anwesen des Schiffers Schacher aus;
es war durch spielende Kinder ausgekommen. In etwa zwei Stunden brannten nicht weniger als 65 Wohngebäude und 150 Scheunen und Ställe nieder:
viel Vieh ist verbrannt und auch mehrere Menschen haben Brandwunden erlitten. Zur Linderung der großen Not der Abgebrannten
wurden in unserer Stadt, in den Dörfern des Kreises und auch besonders in Grünberg Sammlungen von Kleidern, Lebensmitteln und Geld veranstaltet."
Dieses Feuer erfaßte rasch auch das Wohnhaus der Familie Schacher. Da fast alle Gebäude mit Stroh gedeckt waren, erzeugte der Wind
einen ungeheuren Funkenflug. Dieser war dorfeinwärts gerichtet und zündete rasch ein Gebäude nach dem anderen an. Eine Feuerwehr bestand
im Ort damals noch nicht. Das Großfeuer von 1895 verbesserte jedoch indirekt die Wohnungsqualität dadurch, daß danach modernere und mit
Ziegeln gedeckte Häuser entstanden.
Nach dem Großbrand, der im Jahre 1895 Pommerzig heimsuchte und den größten Teil der damals noch meist strohgedeckten Gehöfte
in Asche legte, kam im Jahr 1916 die nächste Katastrophe auf Pommerzig zu. Mitten im 1. Weltkrieg stand die dritte Kriegsweihnacht vor der Tür.
Hungersnot herrschte, denn man hatte nicht bei Kriegsbeginn 1914, sondern erst im Laufe des Jahres 1916, als schon alles sehr knapp war,
die Lebensmittelrationierung eingeführt. Hinzu kam ein außergewöhnlich kalter Winter. Die Kartoffeln und Kohlrüben erfroren in den Mieten.
Die Konservenfabriken machten zwar aus den verdorbenen Rüben Marmelade, aber da es an Zucker mangelte, war die gelbe Masse ungenießbar.
Der
Heiligabend 1916 fiel auf einen Sonntag. Es herrschte eisige Kälte, aber es lag kein Schnee. Im Laufe des Vormittags kam
ein Weststurm in Orkanstärke auf. Plötzlich geschah es. Zwei Jungen hatten einen "Sternenregen" angezündet und auf das pulvertrockene
Strohdach einer Scheune geworfen. Rasch standen daraufhin einige Scheunen in Flammen. Durch den Funkenflug wurden auch Stallung und
Wohnhaus von Gloats entzündet. Danach setzte die Strohflugasche drei weitere Wohnhäuser in Brand.
Der Sturm und die leichte Bauweise der Häuser hatten das entstandene Feuer mit Riesengeschwindigkeit um sich greifen lassen.
Viele Menschen waren kopflos geworden; sie holten unwichtige Dinge aus den Häusern, und wertvollere Sachen wurden dabei von den Flammen vernichtet.
Als sich der Heilige Abend des Jahres 1916 über Pommerzig hernieder senkte, waren von 22 Gebäuden nur noch Reste des Mauerwerks
und wie Fackeln brennende Balken übrig. Kurz vor Anbruch der Dunkelheit konnte das Feuer dann am Hause von Rosses, das bereits
hart gedeckt war, unter Kontrolle gebracht werden. Es war auch, obwohl die meisten Männer des Ortes im Kriegsdienst standen,
möglich gewesen, fast alles Großvieh zu retten. Nur das Kleinvieh konnte zum Teil nicht mehr geborgen werden.
An diesem Heiligabend brannten im ganzen Dorf an keinem Weihnachtsbaum Lichter, auch der Christnachtsgottesdienst fiel aus.
Einen Großteil der Schuld an dem Umfang, den die Brandkatastrophe annahm, war das Vorhandensein nur eines einzigen Löschgerätes
in Gestalt einer uralten Holzspritze. Sie stand auf dem Gutshof und war natürlich niemals einsatzfähig, schon gar nicht gegen
solchen Feuerorkan. Erst zehn Jahre später wurde in Pommerzig eine Freiwillige Feuerwehr gegründet.
- Der Krebsmüller Arnold kämpft um sein Recht
Es geschah vor fast 250 Jahren dem Wassermüller Arnold, der die Krebsmühle bei Pommerzig in Erbpacht besaß. Diese Wassermühle
wurde durch das Krebsfließ, das in die Oder mündet, gespeist. Eines Tages brachte ein Ereignis die Mühlräder zum Stehen.
Und als diese stillstanden, kam ein Streit ins Rollen, der noch heute zu den berühmtesten und interessantesten Rechtsfällen
der Geschichte gehört, wodurch die stille, fast vergessene Wassermühle immer wieder in den Blickpunkt der Geschichtsforscher
und der Rechtsgelehrten rückte.
Der Krebsmüller
Um was handelte es sich? Anfangs war die Angelegenheit eine ganz unbedeutende Sache, wie sie damals gang und gäbe war.
Müller Arnold war dem Pommerziger Gutsherrn, dem Grafen Schmettau,
zu dessen Gebiet die Mühle gehörte, verpflichtet, jährlich drei Malter Korn und zehn Taler zu zahlen.
Der Nachbar des Müllers, der Landrat und Wirtschaftsdirektor
von Gersdorff auf Kay
im Kreise Züllichau, ließ 1770 oberhalb der Mühle drei Karpfenteiche ausheben und leitete das Wasser des Krebsfließes hindurch.
Von 1771 an blieb darauf Müller Arnold mit der Pachtzahlung im Rückstand und bat, darauf Rücksicht zu nehmen, daß seit dem
Vorhandensein der Teiche der regelmäßige Betrieb der Mühle gestört sei. Nur im Frühjahr und im Herbst sei es möglich, dauernd
zu mahlen, aber auch dann nur für kurze Zeit.
Arnolds Schulden stiegen an; schließlich ließ Graf Schmettau die Mühle versteigern. Als Arnold den Herrn von Gersdorff auf
Schadenersatz verklagte, berief dieser sich auf eine Urkunde aus dem Jahre l566, die ihn berechtigte, die alten, schon früher
vorhanden gewesenen Teiche herzurichten. Außerdem erklärte er, es kümmere ihn nicht, daß er angeblich dem Müller das Wasser
entzogen habe. Er bediene sich nur eines Rechts. Der gesunde Menschenverstand beweise, daß sein Vorgehen richtig sei.
Die Neumärkische Regierung und das Kammergericht vertraten den gleichen Standpunkt und wiesen die Klage des Müllers ab.
Für sie galt der Grundsatz des römischen Rechts: Wer sein eigenes Recht ausübt, schadet niemandem.
Der Müller warf nun die Frage auf, ob diese Entscheidung nach dem Gesetz auch wirklich gerecht war. Er legte seine Klage dem
König Friedrich II. vor. Seine Frau soll nach der Überlieferung die Akten auf einer Karre von Pommerzig nach Potsdam gebracht haben.
Die Krebsmüllerin
Im Herzen des
Preußenkönig fand der Ruf nach Gerechtigkeit ein unerwartet starkes Echo.
Friedrich II, machte den Kampf der menschlichen Vernunft und des menschlichen
Gerechtigkeitsgefühls gegen das starr gebliebene Gesetz zu seiner eigenen Sache. Er zeigte sich als durchaus moderner Mensch
und ging rücksichtslos vor - gegen die Gesetze seines eigenen Staates. Dieses Vorgehen machte den armseligen Prozeß des ebenso
armseligen Müllers aus einem vergessenen Winkel im Kreise Crossen weltberühmt.
Der aufgebrachte König enthob den Großkanzler - von Fürst - seines Amtes. setzte die Richter in Arrest und ließ gegen sie ein
Strafverfahren eröffnen. Es endete mit Freisprechung; sie hatten ja nur bestehende Gesetze angewendet.
Nunmehr erließ der König eine Kabinettsordre, durch die angeordnet wurde, daß die Räte für ein Jahr auf Festung zu bringen und
außerdem zur Leistung von Schadenersatz an den Müller zu verurteilen seien. Ferner befahl er, die Karpfenteiche zu vernichten.
Zweifellos war diese Entscheidung gerecht, doch darf man sich nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie eine Rechtswidrigkeit darstellte.
Man kommt nicht darüber hinweg, daß in den vom König herausgegebenen Befehlen es sich um einen Akt der Willkür handelte,
der den Gang des Rechts durchbrach. Gerade das, was Friedrich grundsätzlich so schwer verwarf, dem verfiel er diesmal.
Der König war weder der triumphierende Schützer der Rechte der Schwachen, noch der Verächter der damaligen Gesetze.
Seine Entscheidung traf er sicher erst nach schweren seelischen Kämpfen.
Dieser Fall des Krebsmüllers Arnold beeinflußte maßgebend die spätere Gesetzgebung.
Im "Allgemeinen Landrecht für die preußischen Staaten" steht der Satz: "Einer schon vorhandenen Mühle darf ein Nachbar,
durch dessen Grundstück das zu ihrem Betriebe nötige Wasser fließt, dasselbe nicht entziehen."
Dieser Satz wurde später in das preußische Gesetz über die Benutzung der Privatflüsse (1843) und schließlich in das preußische
Wassergesetz von 1913 aufgenommen. so daß der Müller Arnold aus heutiger Sicht seinen Prozeß glänzend gewinnen würde.
Der Nachfolger des großen Königs hob die Entscheidung gegen den Großkanzler, gegen die Richter und Räte auf.
Was in Pommerzig weiter geschah, ist unbekannt. Im l927 herausgegebenen Heimatbuch des Kreises Crossen/Oder wurde behauptet,
daß die Nachkommen des Müllers Arnold noch im Besitz der Krebsmühle seien. In den Jahren 1936/38 wurde diese dann in die
Befestigungslinie des Ostwalls eingebracht.
Nachfolgend beziehe ich mich auf einen Artikel von Kurt Kupsch aus Groß-Blumberg in den "Heimatgrüßen". Er schreibt dort unter anderem:
Im Jahre 1920 hieß es, daß Pommerzig bald mit elektrischem Strom versorgt würde. Wie das immer so ist, gab es viele, die dem
hereinbrechenden technischen Fortschritt skeptisch gegenüber standen. Sie meinten, die elektrischen Leitungen würden meist
defekt sein, so daß man die Petroleumlampen weiter bereithalten müsse.
1921 begann die Elektro-Installierung im Dorf, und zwar zuerst im größten Gehöft, dem vom Bauern Gustav Klischke. Es dauerte bis zum
Spätherbst 1922, dann waren in allen Häusern die Anlagen fertig. Viele Menschen standen schon ein wenig fassungslos da,
wenn sie nur Schalter zu drehen brauchten, um die Innenräume des Hauses und sogar die Ställe und Teile des Hofes mit verhältnismäßig
hellem Licht zu versehen.
Der technische Fortschritt brachte ferner manche Erleichterung für Mensch und Tier. Mähmaschinen machten die Arbeit mit der Sense,
Dreschmaschinen die mit dem Dreschflegel überflüssig. Die Pferde brauchten nicht mehr den schweren Göpel zu ziehen. Vielleicht
war also die gute alle Zeit, in der Frauen kleinere Acker- und Wiesenstücke noch mit der Sichel mähten, gar nicht so gut.
Bäckerei Ast |
Gasthof Klischke |
Warenhaus Stephan |
Der Landsmann Artur Riedel besaß und führte in Pommerzig eine Stellmacherei und ein Sägewerk. Ehrenamtlich war er Vorstandsvorsitzender
der Pommerziger Spar- und Darlehenskasse. Mit seiner Hilfe und mit den Mitteln der Kasse wurden schon in den 1930er Jahren ein
Gemeinschaftstraktor, eine Getreideerntemaschine (Zapfwellenbinder) und andere zugehörige Geräte angeschafft. Für die bäuerlichen
Betriebe war damit eine wesentliche Arbeitserleichterung geschaffen, was es im Kreise Crossen nur in Pommerzig gab.
- Pommerzig - Häuserverzeichnis
Ortsplan von 1945
Die im
"Einwohnerbuch des Kreises Crossen/Oder - Ausgabe 1926"darin enthaltenen Angaben
konnten im folgenden nur kurzgefaßt wiedergegeben werden, denn Pommerzig war ein großes Dorf.
Es war ein echtes “ Schifferdorf ”.
In der Oderschiffahrt waren tätig:
• 31 Einträge als Schiffer,
• 17 Einträge als Schiffeigener,
• 29 Einträge als Steuermann,
• 6 Einträge als Schiffführer.
Pommerzig hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrh. eine gute Infrastruktur.
Die Hauptberufe der Bewohner waren neben der Landwirtschaft und der Schiffahrt die Handwerker.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wurden im Einwohnerbuch von 1926 genannt:
Altmann |
Back u Kolonialwaren |
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Kubisch |
Stellmacher |
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Päch |
Schneidermeister |
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Ast |
Bäcker |
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Labsch |
Hebamme |
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Schmaler |
Zimmermann |
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Fechner |
Tischler |
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Lieske |
Schuhmacher |
|
Schulz |
Schmiedemeister |
|
Hoffmann |
Schmiedemeister |
|
Mahatzke |
Fleischer |
|
Stephan |
Kaufhaus |
|
Klischke |
Gastwirt |
|
Neumann |
Fleischermeister |
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Weber |
Gasthof Suppmühle |
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Kräusel |
Gastwirt |
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Paulke |
Böttcher |
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Wittwer |
Kolonialwaren |
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Kubeil |
Töpfer |
|
Paulke |
Schuhmacher |
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Zerndt |
Elektriker |
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Der Ortsplan von Pommerzig vom Stand 1945 wurde vom Landsmann Werner Gutsche angefertigt.
Dieser Ortsplan lag der "Stiftung Brandenburg" vor. Als Webmaster durfte ich ihn in die vorliegende Webseite von Pommerzig
einarbeiten.
- Pommerzig - Das Jahr 1945
Beim Einmarsch der Russen um die Januar-Februar-Wende 1945 wurden viele Pommerziger getötet, in der Folgezeit verschleppt und in Rußland
zugrunde gegangen. Über den Ablauf des furchtbaren Dramas in diesem östlichsten Dorf unseres Heimatkreises wurde einem Erlebnisbericht -
veröffentlicht in den "Heimatgrüßen von 1951" - folgendes entnommen:
Auf Anordnung deutscher Wehrmachtstellen räumte die zum größten Teile gebliebene Bewohnerschaft Pommerzigs
am 30. Januar 1945 den Ort mit
der notwendigsten Habe und fand zunächst in Straßburg (Oder) und Bindow Unterkunft. Aber bereits in der Nacht zum 1. Februar drangen
russischen Truppen auch in diese Dörfer ein. Fahrzeuge und Pferde wurden weggenommen, ebenso Geld und Wertsachen (insbesondere Uhren),
ferner Lederstiefel und Schuhe, und manch alter Mann stand barfuß im Schnee. Von Pommerzig und den Nachbargemeinden Groß- und Klein Blumberg leuchtete Feuerschein herüber.
Trotzdem versuchten die Pommerziger, in ihr Heimatdorf zurückzukommen, wobei viele in Kampfhandlungen gerieten, abgesprengt wurden und
erst nach Tagen durchkamen. Ein Teil von ihnen ging dann gleich über das Eis der Oder, um hinter die auf dem Südufer noch intakten deutschen
Linien zu gelangen.
Ein trauriges Bild bot sich den Rückkehrern. Etwa vierzig Wohngebäude waren abgebrannt. Sämtliche Lebensmittelgeschäfte (mit Ausnahme
desjenigen des Bürgermeisters Stephan, in dem die Russen einen Kampfunterstand errichtet hatten) lagen in Asche. Durch Feuer zerstört waren
auch die Gastwirtschaften und Säle von G. Klischke und C. Urbanek in Suppmühle. Erhalten geblieben waren das Schloß und die Gasthöfe von
O. Klischke und O. Kräusel, ebenso beide Bäckereien. Zwar hatten die Sowjettruppen gleich nach ihrem Einrücken in allen Häusern Feuer angelegt,
aber es war vielfach nicht zum Durchbruch gekommen.
Eine rohe Gewaltherrschaft der Russen gegenüber den Heimgekehrten setzte ein, worunter besonders Frauen und Mädchen bis herab zu schulpflichtigen
Kindern zu leiden hatten, Ein erheblicher Teil der jüngeren Menschen verbarg sich deshalb in der Försterei nördlich des Dorfes im Walde.
Aber auch dort war ihres Bleibens nicht, weil russische Artillerie ganz in der Nähe in Feuerstellung lag und deutscher Beschuß von südlich
der Oder die Försterei gefährdete. Pommerzig selbst wurde ebenfalls von deutscher Seite beschossen und von Fliegern mit Bomben belegt.
Ein zweites Mal verließ infolgedessen die Bevölkerung die Heimat und zog nach Norden und Osten in die Nachbarkreise ab. wobei sie immer tiefer
ins Elend geriet. In Briese wurden die Männer unter den Abziehenden festgenommen und abtransportiert. Der größere Teil von ihnen ist nie zurückgekehrt.
Die blutjunge Elli Lange wurde in Briese von einem Sowjetsoldaten aus Fahrlässigkeit erschossen. Festnahmen und Verschleppungen dauerten auch später an.
Auf den großen Gütern des Kreises Züllichau, wo viele Pommerziger verblieben, wurden alle Arbeitsfähigen ohne Unterschied zur Landarbeit herangezogen.
Sie erhielten aber nur geringste Verpflegung, so daß sie unter Lebensgefahr zur "Selbstversorgung" schreiten mußten. Die Belästigung der Frauen und
Mädchen war in den abgelegenen Dörfern nicht so schlimm. Aber Entsetzliches mußten die erleiden, die nach der Stadt Züllichau gekommen waren.
Ein Helfer in der Not entstand ihnen aber in dem Arzt Dr. Kaphahn aus Crossen Er verstarb im Oktober 1945 in Groß-Blumberg.
Nachdem sich die Front weiter nach Westen verschoben hatte. setzte eine neuerliche Rückwanderung nach Pommerzig ein. Viele flohen von ihren
Zwangsarbeitsstellen bei Nacht und Nebel, um wieder in ihr Heimatdorf zu kommen. Aber es erging ihnen nicht viel besser. Im Schloß war von
den Russen eine landwirtschaftliche Verwaltung eingerichtet worden, und es wurde alles zur Landarbeit herangeholt, ob jemand damit vertraut war oder nicht.
Für die arbeitenden Menschen wurde zunächst im Schloß und später in der Schule Verpflegung ausgegeben. Die nicht mehr arbeitsfähigen Alten
und die Kinder erhielten jedoch nichts, ihre Widerstandsfähigkeit ließ schnell nach, und viele starben. Die betagte Krankenschwester Margarete Schellack
half, wo sie konnte. aber sie konnte keinerlei Medikamente erhalten.
Laufend wurden auch weiter sogar alte Männer und Frauen von russischen Soldaten ermordet, so Pauline Kringel, Berta Müller, Paul Lorke, Pauline Schulz,
Gustav Krüger und August Krüger, von denen die letzten Drei über siebzig Jahre alt waren. Andere schieden freiwillig aus dem Leben, weil sie die Qualen
nicht mehr glaubten ertragen zu können. Die Zivilrussen quälten die Bewohner durch laufende nächtliche Beraubungen und Mißhandlungen.
Unmittelbar nach der deutschen Kapitulation rückten schon die ersten Polen ein und nahmen die intakt gebliebenen Gehöfte usw. in Besitz.
Am 5. Juni 1945 wurden erstmals von den Polen wahllos dreißig deutsche Familien ausgewiesen. Selbst alte und kranke Menschen wurden auf die Landstraße
getrieben, wo sie bald zusammengebrochen und gestorben sind.
Der größte Teil der Pommerziger wurde darauf
am 5. November 1945 ausgetrieben. Das Verfahren war genau so unmenschlich wie im Juni. In der Morgendämmerung
drangen die Polen in die Häuser und forderten die Räumung binnen zehn Minuten. Von den wenigen Habseligkeiten, die in fliegender Eile ergriffen und auf
Handwagen und Karren geladen werden konnten, wurde ein Teil schon am Ausgang des Dorfes wieder fortgenommen. So wurde dieser dritte und letzte Abschied
von der alten Heimat von besonders trauriger Art.
Über Bindow, wo nach dem ersten Tagesmarsch übernachtet wurde, wobei neue Plünderungen erfolgten, ging es nach Crossen und dann in Richtung Guben.
Nach voraufgegangener abermaliger Ausplünderung der Ausgewiesenen kurz vor der Deichower Ziegelei wurden kurz vor dem Übergang über die Neißebrücke
in Guben noch eine Anzahl Männer und junge Leute bis herab zu fünfzehn Jahren aus dem Treck herausgeholt und zurücktransportiert, was wieder viel schweres Leid auslöste.
Danach erfolgte für die nunmehr entwurzelten Pommerziger eine der berüchtigt gewordenen Irr- und Elendsfahrten durch die Besatzungszone der Russen mit
anschließendem Lageraufenthalt unter den erbärmlichsten Bedingungen, bis die Heimatvertriebenen irgendwo die Möglichkeit fanden, ein neues Dasein zu beginnen.
Im November 1946 wurden die letzten wenigen deutschen Familien aus Pommerzig ausgewiesen, weil sie es ablehnten, für Polen zu optieren. Ihr Abtransport
erfolgte aber mit der Eisenbahn und unter menschenwürdigeren Bedingungen. Ihnen wurde auch die mitgenommene Habe nicht mehr weggenommen.
Vermerkt sei noch, daß von den 1945 nach Rußland verschleppten Pommerzigern folgende dort verstorben sind: Bauer Franz Stobernack, Bauer Otto Schön,
Schiffseigner Otto Stobernack und Fleischermeister Ernst Neumann. Nach ihrer Rückkehr verstarben: Bauer Otto Hoffmann und Bauer Paul Stobernack.
Zu den Glücklichen, die aus Rußland heimkehren durften, gehören Willi und Gerhard Stobernack und Schiffseigner Fritz Müller. Über den Verbleib weiterer
Verschleppter ist nichts bekannt. Heute sind die Pommerziger über alle deutschen Länder verstreut, ein größerer Teil lebt in der Niederlausitz im Senftenberger Gebiet.